Die heutige Unternehmensrealität ist geprägt von ständiger Veränderung und immer geringerer Planbarkeit. Höher, schneller, weiter ist das neue Credo: Change-Maßnahme reiht sich an Change-Maßnahme, und die Digitalisierung bringt es mit sich, dass der Anspruch von Kunden, Kollegen und Kooperationspartnern ist, jederzeit sofort eine Reaktion zu erhalten.
Von den Mitarbeitern wird ständige Erreichbarkeit und enorme Flexibilität gefordert. Viele bleiben dabei auf der Strecke, nicht umsonst nehmen typische Belastungsreaktionen wie Burnout, Depression, Rückenschmerzen, Kopfschmerzen etc. unter den Arbeitnehmern seit Jahren immer mehr zu – und kein Ende ist in Sicht.
Aber auch die Unternehmen selbst haben es nicht leicht: Sie müssen einerseits den vorhandenen Mitarbeitern die Werkzeuge an die Hand geben, um die Veränderungen zu meistern und sich an die neuen Bedingungen anzupassen. Andererseits müssen sie aus einem zunehmend begrenzten Bewerberangebot die richtigen Mitarbeiter aussuchen – und somit Talentmanagement betreiben. So jonglieren die Unternehmen kontinuierlich ihre verschiedenen Anforderungen und versuchen, irgendwie die Balance zu halten zwischen Weiterentwicklung vorhandener Mitarbeiter und dem Gewinnen neuer Talente, die dann wiederum weiterentwickelt werden müssen. Oft entstehen hierbei Lücken: zum einen, bis der Mitarbeiter die jeweilige Kompetenz einigermaßen aufgebaut hat, zum anderen, bis eine freie oder neu geschaffene Stelle durch das richtige Talent besetzt wurde, das dann auch wieder bestimmte Kompetenzen erst aufbauen muss … Noch fataler ist es, wenn aus Eile oder durch falsche Planung die falschen Entscheidungen getroffen werden. Dann müssen Mitarbeiter oft Aufgaben übernehmen, die nicht wirklich zu ihnen passen. Oder es werden Stellen nicht mit den Personen besetzt, welche dafür die besten Eigenschaften mitbringen. Und es kommt noch schlimmer: bleibt diese Fehlbesetzung bestehen, bringen die Mitarbeiter nie die beste Leistung, zu der sie eigentlich fähig werden.
Was ist also die Lösung? Ganz einfach: Stärken-Management statt Talentmanagement! Wenn genau eruiert wird, welcher Mitarbeiter oder Bewerber welche Stärken mitbringt und für welche Tätigkeiten er oder sie sich am besten eignet, muss man sich um Talent- Management keine Sorgen mehr machen und auch nicht die dabei entstehenden Lücken und Problemfelder in Kauf nehmen. Das spart im Unternehmen Zeit und Geld, steigert die Motivation der Mitarbeiter und sorgt so dafür, dass sie Höchstleistungen bringen können. Dies erhöht den Unternehmenserfolg, aber auch die Karriereerfolge der einzelnen Mitarbeiter und verbessert sogar deren Gesundheit: wer motiviert an seine Arbeit geht, wird bessere Ergebnisse erzielen, arbeitet effektiver und ist psychisch und körperlich weniger belastet. Wenn Mitarbeiter ihre Stärken im Beruf einsetzen können, wirkt sich dies auch positiv auf das Klima im Team oder der Abteilung aus, weil jeder Mitarbeiter sich voll und ganz mit seiner Tätigkeit identifiziert und kein Neid, Missgunst oder Hin- und Herschieben lästiger Aufgaben entsteht.
Wie sieht das nun konkret aus? Zunächst ist Umdenken gefragt: Defizitorientierte Fragen wie die folgenden sollten vermieden werden: „Welche Kompetenzen fehlen dem Mitarbeiter? Wo muss ich schnell eine Lücke schließen, weil eine Stelle nicht besetzt ist? Mit welchen Schwächen eines neuen Mitarbeiters muss ich leben, weil ich niemanden sonst finde, bzw. welche kann ich eliminieren?“ Wesentlich besser sind diese Fragen: „Welche Stärken bringt ein Bewerber oder Mitarbeiter mit und wo kann ich ihn optimal einsetzen, damit er seine Stärken voll entfalten kann?“ Diese Denkweise sollte im Sinne einer Stärkenkultur fest im gesamten Unternehmen verankert sein – vom Senior Management bis zu den Teamleitern, die dieses Prinzip auf Mikroebene in ihren Teams einsetzen. So kann es sein, dass nach dem Weggang eines Mitarbeiters in einem Team gar keine neue Stelle geschaffen werden muss, weil die Aufgaben auf die vorhandenen Mitarbeiter verteilt werden können, die diese viel schneller erledigen können, weil sie ihren Stärken entsprechen. Oder ein neuer Mitarbeiter wird eingestellt, dessen Stärken viel besser auf die Tätigkeit passen als die des vorherigen Mitarbeiters, sodass das Team und auch die Führungskraft entlastet werden. Personalentwicklungsmaßnahmen sind erfolgversprechender, wenn sie stärkenorientiert vorgehen, denn es werden schneller und bessere Ergebnisse erzielt. Gezielte Personalentwicklung, die sich darauf fokussiert, die Stärken der Mitarbeiter hervorzuheben und an diesen zu arbeiten, ist somit für das Unternehmen kostengünstiger und erfolgversprechender.
Stärken-Management ist das neue Talent-Management und die richtige Antwort auf die Herausforderungen der heutigen Zeit. Denn höher, schneller, weiter kommt man nicht, wenn die eigenen Schwächen einen am Boden halten, sondern wenn man durch seine Stärken einen echten Vorsprung erzielt.